Samstag, 26. Mai 2012

Galapagos contra el Destino.


Die letzten Tage in San Pedro waren noch besonders schoen, so als wuerde es mir zu verstehen geben wollen, dass ich noch ein bisschen bleiben sollte. Es gab staendig liebe Abrazos von allen Seiten und jede Menge Fiesta, erst TiNi-Geburtstag im Bosque mit Spielen, leckerer Chicha von Carmen und Schokoladentore auf den frisch genesenen Magen. Am letzten Tag dann grosses Nudelessen mit Reden, wieder Abrazos und Baendchentauschen, und alles war sehr, sehr traurig. Zum Trost durfte ich am naechsten Tag in Ica beim Pflanzen von 740 Huarangos helfen. Damit duerfte der Rueckflug wohl kompensiert sein. Dann sollte es, nachdem endlich, endlich meine neue Kreditkarte in Lima angekommen war, eigentlich zuegig nach Galapagos gehen, aber durch verschiedene widrige Umstaende sollte es noch weitere 5 Tage dauern, bis ich endlich eine funktionierende Karte in den Haenden hielt. Ich vertrieb mir die Zeit mit Marieta, Luchos Mama, um heftig auf die Latinomaenner zu schiempfen, und Mili, die mich zu einer piscoschweren Abschiedsnacht in der ohrenbetaeubenden "Who" ueberredete. In Lima dann war es nicht schwer, die Zeit rumzubringen, weil wie immer fuer jeden Weg Stuuunden draufgehen, in denen man sich ausserdem fein die Lungen vergiftet, aber ich darf mich inzwischen doch wohl als Fortgeschrittene im Mikrobusfahren bezeichen.

Und, oh Wunder, am Mittwoch sass ich im Bus nach Guayaquil, am Donnerstag in einem ueberteuerten Hotelzimmer in eben dieser (nicht sehr anschaulichen) Stadt und am Freitag im Flieger nach Galapagos. Und moeglicherweise sind die Inseln die 110 Dollar Eintritt werd. Alles ist sehr relaxt und ich fuehl mich nach wenigen Stunden hier schon ziemlich erholt nach all dem Kampf gegen das Schicksal, dass mich Peru nicht verlassen lassen wollte. Mein Freund Javi, der die TiNis nach Galapagos geholt hat und mich eingeladen hat, arbeitet gerade in einem anderem Projekt und hat mich erstmal bei seinem ziemlich relaxten Freund David und dessen Familie untergebracht, die in einem wunderschoenen selbstgebauten Haus inmitten sehr weichen Grases wohnen. Die Dusche ist draussen und nur sehr notduerftig mit einem Vorhang blickgeschuetzt, und mein Bett ist in einem Erker in der Kueche, in den morgens von allen Seiten die Sonne scheint. David ist ziemlich relaxt und redet ein bisschen langsam, weil er Zeit hat, sagt er, an den Schildkroeten sollten wir uns ein Beispiel nehmen, trotzdem hat er ziemlich viel Ahnung und arbeitet in einer Oekokaffeeplantage und an einem Fahrradkurierprojekt. Sein wunderschoener Bruder Diego macht die ganze Zeit Handstand und anderen Unfug und hat auch grad Gaeste da, und alle sind willkommen und sollen sich wie zuhause fuehlen. Es gibt Muelltrennung und ein paar Baumbabys, einige Gitarren, eine Mundharmonika und ein Tenorsaxophon, und gesternabend haben wir tatsaechlich ein bisschen gejammt.

David hat mich ausserdem zu ein paar sehr feinen kleinen Straenden gefuehrt, wo Magroven stehen (es gibt sie wirklich! Baeume die Salzwasser trinken!) und Leguane vorbeischwimmen (Leguane koennen schwimmen!) und perfekt weisser Sand auf perfekt tuerkises Wasser und perfekt schwarze Lavabrocken trifft. Ein Stueck weiter wohnt Lonesome George, die letzte Riesenschildkroete der Inseldynastie von San Cristobal, in der Riesenschildkroetenaufzuchtstation. Wie alle seine Artgenossen ist er ziemlcih relaxt und bewegt sich nur in Zeitlupe. Klar, wenn man 170 Jahre Zeit zum Leben hat...
Und dann war ich noch in den Grietas, einer Art Galapagosfjord, wo junge Huepfer an den Vulkangesteinwaenden hochklettern und hinunterspringen. Wenn man von den laermigen Turis ein bisschen wegschwimmt kommt man an einen grossen glatten Felsen und dahinter ist noch eine Grieta, aber die ist ganz verlassen und es sieht aus wie in einem Tomb-Raider-Computerspiel. Mit Lenin, einem frisch kennengelernten Galapagueño, der mir seine Taucherbrille leiht, traue ich mich auch noch ein Stueck weiter und lerne ausserdem noch jede Menge riesige Fische und eine kleine Moraene kennen. Relaxt.

Freitag, 11. Mai 2012

Pueblo de Bulla.

San Pedro ist ja schon ein bisschen wie Bullerbü. In San Jacinto ist aus dem nichts ein Junge aufgetaucht, der sieht aus wie Lasse. Und wenn die Lehrerin krank wird, kommen die Kinder mit selbstgepflueckten Blumen ans Krankenbett und wuenschen sich, dass sie bald wieder gesund werden moege. Habe mir die Freiheit genommen, mich nach der ueberstandenen Erkaeltung einen Tag mit Magenkraempfen ins Bett zu legen. Süß auch Carmens Fuersorge und allseitige Spekulationen, woher die Beschwerden kommen. Favorit eindeutig die Kuhmilch, gleich nach der Mango, die ich am Vortag verzehrt hatte, dabei ist beides das leckerste seiner Art, was ich auf der ganzen Welt probiert habe.

Wenn ich nicht mit Kranksein beschaeftigt bin, fröne ich der jetzt wirklich vollkommen freiwilligen Arbeit mit den Kids und warte auf meine neue Kreditkarte. Als neues Projekt haben wir die Tienda de Ninyos angefangen, den Kinderladen. Nachdem die Kinder alle Materialen, die man ihnen kauft, hemmungslos verquasen, sollen sie sich die jetzt verdienen muessen. Ich habe jede Menge Samen durchloechert, die die Kinder zu huebschen Armbaendchen gemacht haben, aus ein paar Metern geschenktem Stoff und einer alten Hose von mir hab ich Taschen genaeht (ich liebe Carmens Naehmaschine), die die Kinder mit einem großen Aniastempel und dem Slogen "Planeta sin Plastico" bedruckt haben, und aus dem herumliegenden Espino, an dem sich die Kinder in der Tini stechen, haben wir voellig oekologische Zahnstocher gemacht. Ich habe mit Carmen verhandelt, und sie wird einen Teil ihres Ladens als Ecotienda zur Verfuegung stellen. Außerdem gibt sie jetzt auch keine Plastiktueten mehr aus, und statt dem Wegwerfgeschirr, in dem sie samstags Chanfaina verkauft, hat sie bunte Tupperschuesseln gekauft. Ich bin stolz auf meine liebe Mamá peruana, und auch ein bisschen auf mich, weil sich doch auch ganz ohne intensive Bildungsarbeit durch das bloße Zusammenleben mit mir mein Umfeld ein kleines bisschen umweltfreundlicher macht.

Donnerstag, 3. Mai 2012

El norte.

Nachdem Chris uns nach einem gemuetlichen Szenebar-Pisco in Cuzco verlassen hat, fahren Kadi und ich im guenstigeren und wackligeren Schneckenbus du huebsche Strecke an die Kueste zurueck. Es ist so schoen, nach San Pedro zurueckzukommen! Auch wenn natuerlich die Stimmung insgesamt ein bisschen traurig war - ich weiss nicht, ob ich in meinem deutschen Zuhause schonmal von einem so grossen Prozentsatz der Einwohner so herzlich empfangen wurde. Wir bleiben ein paar Tage im Dorf, besuchen verschiedene Totenmessen fuer Gilbert, nehmen viel in den Arm und werden viel in den Arm genommen, und sind beruhigt zu sehen, wie Carmen nach Abreise all der anstrengenden Verwandten schon fast wieder die alte, ausgeglichene und liebe Frau ist und schon ganz gute Plaene fuers weitermachen hat.
Fuer uns geht es dann noch eine Woche nach Norden, erst nach Huaraz, selbt ausser dem Artesania-Markt recht unspektakular, viel schoener aber die Doerfer, die wir von dort aus erkunden. Zunaechst Yungay, das nach einem gewaltigen Erdrutsch 1970, auf dem heute zwischen den Truemmern ein aussergewoehnlich praechtiger Park protzt, nebenan komplett neu erstanden ist. Und in unserem Hostal werden wir so nett von der Señora umsorgt, bekocht, beplaudert und bestrickt, dass es uns richtig leid tut, dass wir am naechsten Tag gleich weiter ins unaussprechliche Humacchuco fahren, mitten in die Berge, zu einer unglaublich lieben Familie, die uns lecker Maissuppe, Cachangafladen, eine breite Auswahl Kartoffelsorten und selbst gefischte Trucha serviert. Und Sohn Ariel und Primo Danilo fuehren uns uns durch wilde Polylepsis- oder Quenual-Waelder zu der malerischen, tuerkisblauen Chinacocha-Lagune. Die wird in ihrer Schoen- Klar- und Blauheit nur noch von der noch hoeheren Laguna 69 uebertroffen wird, die wir am naechsten Tag erwandern.
Nach einer Diskonacht in Huaraz (wir versuchen angestrengt, Freitagnachts sehr guenstig ueber einer Musikkneipe zu schlafen) geht es ueber einen Pass mit kompliziertem Quechuanamen nach Chavin, und wieder rauben uns die Schoenheit der Strecke den Atem und ihre Kurven das magentechnische Wohlbefinden. Dort haben wir vor dem Regen dann gerade noch Zeit, auch die hiesige Aniaschule zu besuchen und uns bei der bezaubernden Filomena auf der Terasse ihres Restaurants einen passablen Zeltplatz zu organisieren. Wir kriegen Cedron-Tee fuer meine Erkaeltung und eine Fuehrung durch ihren Biohuerto, und finden es beide ein bisschen erschreckend, dass wir uns so sehr ueber die Existenz netter Leute freuen - so als sei das eine Ausnahme. Ist es in Wirklichkeit natuerlich nicht, aber manchmal muss man sich so arg ueber Inkompetenz oder Faulheit oder Betrugsversuche einzelner Locals aergern, dass der Kontrast uns so ins Auge sticht.
Die Ruinen haben wir dann am naechsten Morgen ganz fuer uns allein, spielen in den dunklen Labyrinthgaengen verstecken, staunen ueber die schiere Groesse der einzelnen Bausteine und der ganzen Anlage und amuesieren uns ueber die witzigen Fratzen, die die alten Chaviner dort hineingeritzt haben, um offenbar einzelne, berauschte Unglaeubige zu erschrecken. Wir aalen uns noch kurz in den heissen Schwefelquellen, um mal all den ganzen Reisedreck loszuwerden. So fahren dann ungewoehnlich duftend ins 3000 Meter tiefere Trujillo, was mir fast mein verschnupftes Gehoer zerplatzt, aber wir sind natuerlich zu stur um wegen ein bisschen Krankheit den Reiseplan zu aendern, und ueberhaupt, Meer tut ja bekanntlich ganz gut bei sowas. Wir sehen Chan Chan, riesige alte Lehmmauern mit huebschen Reliefen drin, die Huaca de la Luna mit wirklich beachtlichen bunten und perfekt erhaltenen Wandbildern, halten die Fuesse ins Meer, baumeln in Haengematten mit Maracuyasaft, kratzen die Bed-Bug-Bisse aus inzwischen sicher 15 Hostels und feiern Kadis Abschied mit viel kostenlosem Pisco mit ein paar peruanischen Oekos (peruanische Oekos!) am Strand und auf einem leider ziemlich langweiligen Geburtstag, auf den wir spontan eingeladen werden.
Kadis Flug nach dem Reisebuero-Pfusch neu zu organisieren kostet uns einen ganzen Tag Zeit, viele ausgeraufte Haare und mehrere Straenge Nerven, aber wir sind stark und kaempferisch, Kadi sitzt im Flieger, und ich bin wieder allein.. schoene Reise, und schoen, dass ihr zwei da wart! :)

La maravilla turística.






Ja, also Machu Picchu..die Ruinen sind schon gut, aber noch erstaunlicher ist der Hype. Nachdem wir herausgefunden hatten, wie teuer und stressig das werden wuerde, haben wir nochmal gruendlich ueberlegt, das wirklich zu machen.. aber fuer die Alternative Choquequirao hatten wir nicht genug Zeit. Also von Quillabamba nach Santa Maria fuer 12 Soles, dann im schlecht verhandelten Taxi fuer 39 Soles nach Santa Teresa, wo wir uns von der waghalsigen Fahrt erstmal in den wunderschoenen Thermalquellen erholen mussten. Dann ein Combi zur Hydroelectricastation, 15 Soles, von dort statt dem 18-Dollarzug zu Fuss die 13 Kilometer nach Aguas Calientes. Eine gute Entscheidung, grossartige Strecke durch Nebelwald am Urubamba entlang, natuerlich im Regen, das gehoert zum Abenteuer ja dazu, und bis in die Nacht hinein. Zum Glueck finden wir gleich ein bezahlbares Hostel und vegetarisches fuer je 20 Soles. Tickets je 140 Soles, auf den Bus nach oben verzichten wir, wegen 17 Dollars cada uno, und stehen dafuer gleich um 4 Uhr wieder auf, um oben den Sonnenaufgang ueber der Ruinenstadt zu erwischen. Das haben wir uns natuerlich fein ausgedacht, aber dabei nicht unbedingt mit dem dichten Nebel gerechnet, der sich erst um 11 lichtet. Naja, wir klettern inzwischen, obwohl nach dem ersten Aufstieg weder sehr fit noch besonders gut gelaunt auf den Machu-Picchu-Berg, frieren und hungern dort ein wenig, Essen und Trinken sind natuerlich auf dem Gelaende nicht erlaubt, und ja - als die Sonne herauskommt, werden wir irgendwie fuer alles entlohnt. Die Aussicht sehr, sehr schoen, und die unten in so grosser Zahl und mit so beeindruckender Fertigkeit aufeinandergeschichteten alten Steine haben etwas Magisches an sich. Oder vielleicht freuen wir uns auch nur so sehr ueber die reingeschmuckelten Quinoa-Schnitten, dass wir unsere Aufregung falsch attribuieren.. jedenfalls steigen wir wesentlich froher wieder vom Berg, und koennen jetzt auch die herrliche Vegetation begutachten mit ihren komplizierten, aber genialen Blattformen- und Groessen und all den spektakulaeren Blueten in allen Farben. Wir irren dann ein bisschen durch die Inkastadt selbst, denken uns lustige Geschichten ueber die verschiedenen Sites aus, die die teuren Guides alle noch nicht wissen, versuchen vergeblich die dekorativ herumgrasenden Lamas zu streicheln und machen uns dann auf die feuchten Socken (es regnet schon wieder), um den 59-Dollarzug nach Cuzco noch zu erwischen, so teuer kann das werden, wenn man sich keine Zeit fuer Umwege nimmt.