Sonntag, 1. Juli 2012

Reflexiones.

Bis heute Morgen war dieser Tag irgendwie immer noch recht weit weg, aber dann war er auf einmal doch da. Ich bin mitten in der Heimreise, zwischen Caracas und Frankfurt, und es ist wohl Zeit, ein bisschen zurück und ein bisschen nach vorn zu schauen. Ich bin sehr zufrieden, mit dem was ich gemacht habe. Die Ania-Arbeit war bestimmt bisher die am sinnvollsten verbrachte Zeit meines jungen Lebens. Währenddessen, und auch beim Reisen, hab ich ganz viel gelernt und bin daran schön gewachsen.

Das Geheimrezept für die umfassende und ganzheitlich nachhaltige Entwicklung ist mir zwar immer noch nicht eingefallen, aber ich hab ein paar neue Ideen dazu. Und immer noch bin ich überzeugt davon, dass Bildung der richtige Zugang ist, die Menschen und die Welt besser zu machen. Die Peruaner, die rumpöbeln, Müll auf die Straße werfen oder lethargisch auf Hilfe von außen warten, tun das ja nicht (immer :p) aus Dummheit oder Böswilligkeit, sondern weils ihnen niemand anders gezeigt hat. Machismo, Stillstand und Umweltschweinereien sind zwar in unserer Zeit und in meinen Augen schon obsolet, aber man muss Peru einfach zugestehen, dass es noch garnicht so lange her ist, als die Leute noch ganz, ganz andere Probleme hatten, als nachhaltige Entwicklung. Ja, ich muss eingestehen, dass es sehr schwer sein muss, zu recyceln, wenn man nicht weiß ob in der Mülltonne vielleicht ein Senderista sitzt, um mit Bomben zu werfen. Und wenn es erst keine Recyclingtonne gibt, gar noch schwieriger.
Aber jetzt gibt es welche, und sogar in San Pedro, und jetzt fehlt es einfach nur noch, dass man ihnen persistent und liebevoll erklärt, welcher Müll in welche Tonne gehört, und das ist ja, dank der durchaus schlüssigen Farbcodierung, garnicht so schwer.

Und meine Person? Tatsächlich bin ich glaube ich durchaus gelassener und unabhängiger geworden, und trotz der immer auch mal wieder gescheiterten Sozialbeziehungen (Frauen und Männer können in Peru einfach noch keine Freunde sein), mutiger und offener. An ALLEM kann man ja IMMER noch ein bisschen arbeiten, aber ich bin für den Moment ganz zufrieden. Neben jeder Menge Umweltbildung und Reise-Know-How habe ich außerdem gelernt, nur mit einer Nagelschere bewaffnet einen halbwegs akzeptablen Stufenschnitt in meine Haare zu zaubern, dass Parasiten eine sehr effektive Abnehmkur sind, dass man Bücher besser aus Deutschland mitbringt, denn die literarirische Situation ist hier wahrlich prekär, und dass die Welt tatsächlich nur ganz schwer zum Untergang zu bewegen ist.
Ich habe vielleicht noch nicht das absolut sichere Glücksrezept gefunden, aber ich habe einige neue Ideen dafür. Habe Verzicht und Freiheit gelebt, zwischen Staub und jeder Menge kleiner Tierchen, und das ein oder andere Abenteuer, von dem man den Enkeln mal erzählen kann. Habe mit viel gutem Willen einen Latino geliebt und es immerhin fertiggebracht, dass wir im Guten auseinandergehen.

Ich bin traurig, zu gehen - mit sehr viel Wehmut betrachte ich aus der Luft die majestätische Sierra und denke "Peru, du bist so schön" - aber natürlich freu ich mich auch auf zu Hause. Es gibt leider noch immer keinen Plan für die fernere Zukunft, aber in den nächsten Tagen wird es nötig sein, sehr viel Leitungswasser zu trinken ohne Bauchweh zu kriegen, Schwarzwälder Torte mit echten Kirschen zu essen und infolgedessen 5 Kilo zuzunehmen, in dem ein oder anderen sauberen See zu baden, Salsa tanzen zu gehen ohne sich allzu gringa zu fühlen, meine eigenen Saxophone zu spielen, ganz viele Leute zu knuddeln und trotzdem einige Pisco Sours, mindestens einmal Locro und vielleicht ein paar Chocotejas zuzubereiten.

Bleibt nur noch, Danke zu sagen. Danke Mama und Papa, fürs mich-schließlich-doch-verstehen, danke Chris und Kadi, fürs mich-besuchen, danke liebe Oma und lieber anonymer Teil vom Spenderkreise, fürs Spenderkreis-sein, danke alle, mich-nicht-vergessen-und-trotz-lahmer-Verbindungen-Kontakt-halten, danke weltwärts für den Zuschuss, danke Carmen, Gilbert und Marieta fürs Eltern-sein und all das leckere Essen, Mili fürs zusammen-schimpfen-können, Manuel für jede Menge Unfug und ein wenig Ernst, danke Stefania fürs Bäumepflanzen und Weitermachen, danke Ninyos fürs mich-in-den-Wahnsinn-treiben-und-zum-lachen-bringen, und danke Lucho, für das gleiche, fürs lernen-wollen y por todo el cariño tan valioso.

Und nach dieser Orgie an Bindestrichen schließt dieses Aventura und dieser Blog. Pass auch du auf dich auf, Peru. Wer weiß, wann wir uns wiedersehen.

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