Sonntag, 2. Oktober 2011

Adaptar.

Drei Tage in San Pedro. Vergehen sehr schnell, ich hab schon einiges gesehen und doch das Gefühl, dass es noch unglaublich viel mehr gibt.

Alles ist wunderbar einfach. Das Zentrum des Dorfs besteht aus der winzigen Schule mit ihren zwei Klassenzimmern (deren ich eines bewohne), der Capilla und ein paar Granjas, winzige gemauerte Hütten, mit Strohdächern, ein oder zwei Zimmer, Stall und corral, wo die Kühe, Mulis, die Pavos (Puten) und Hühner im Barro, dem Schlamm stochern, vereinzelt hat es Chanchas mit winzigen rosa-braunen Frischlingen. Im fünf kreischt der Hahn, um sechs beginnt der Tag, auch für mich - wegen der Zeitumstellung für mich leidenschaftliche Vormittagsschläferin aber bisher kein Problem.
Es gibt Strom, und auch Wasser, das muss aber vor Gebrauch abgekocht werden. In meiner Gastfamilie, bei Senyora Carmen, gibt es eine richtige Dusche mit elektrisch erhitztem Warmwasser, aber wenn man den Kopf darunter hält, kriegt man einen Schlag. Haarewaschen also kalt :)
Zur Schule gehören ein paar richtige Toiletten mit Spülung, die sind aber irgendwie immer überschwemmt und haben kein Licht. Nachts hab ich daher eine Plastikschüssel mit deren Inhalt ich morgens die kleinen Bäume auf dem Schulhof dünge. Urromantisch :)

Auch die Menschen sind sehr einfach. Wer studiert, geht weg. Ich habe die Kinder gefragt, ob sie Bücher zuhause haben - wussten sie nichts von.
Mangelnde Bildung wird allerdings mit Herzlichkeit und sehr liebenswürdiger Art wettgemacht. Alle sind neugierig, was die Alemana hier macht, und voll Ehrfurcht, wenn sie hören, dass ich Psychologin bin - ich bin mir allerdings nicht sicher, ob ich es gut finde, dass Stefania das immer gleich allen auf die Nase bindet. Dennoch kommen abends, wenn ich Licht in der Schule mache, Frauen und Kinder gelaufen, um nach mir zu sehen und zu plaudern. Die Männer pfeifen bisher nur und reden nicht viel, aber das wird bestimmt noch.

Die Schule ist superlinda, sehr einfach, ein paar Tische und Stühle, die bald auseinanderfallen, eine Reihe Schulbücher aus den 70ern neben ein paar vereinzelten ziemlich guten Neuauflagen, einige abgegriffene Spiele für die Pause, an den Wänden chaotisch zusammengewürfelte Schautafeln, no más. Die Kinder bringen Babyhunde in den Unterricht, dazu gesellen sich die Streuner von draußen, Fliegen und auch ein paar Pulgas, Flöhe :)
Die Ninyos sind großartig wild, laut und frech, aber unglaublich lieb, und öffnen sich mir schnell. Der Unterricht ist furchtbar. Die Lehrerin (eine einzige für 12 Kinder aller 6 Klassenstufen der Primaria) ist ihrrer Arbeit müde und vollkommen antriebslos, und versucht mich statt ihrer einzuspannen, wo es geht. Während ich am ersten Tag erstmal zuschauen wollte, sollte ich spontan gleich die Sportstunde halten, weil der Profesor de Fisica, der einmal die Woche kommt, nicht auftauchte... habe ein bisschen Yoga und Salsa aus dem Ärmel geschüttelt, während Profesora Pilar zusah. Auch die Kunststunde sollte ich gestalten, und weil der Unterricht mangels Vollzähligkeit der Kids eine halbe Stunde zu spät begann und die Pause mangels Initiatiative seitens Pilar ebenfalls verlängert wurde, fiel das letzte Fach, Comunicación, ganz aus. Am zweiten Tag ergriff ich die Initiative und unterrichtete Mathe und Comunicación für die Älteren und konnte feststellen, dass Automatismen wie Multiplizieren und Dividieren gut funktionieren, wenn auch kniffelige Textaufgaben und Rechtschreibung revisionswürdig sind. Pilar machte derweil ein bisschen Silbentraining mit den Jüngeren. Nicht sehr ambitioniert allerdings. Das wird mich noch aufregen...

Aber ich fühl mich ganz wohl. Will mich erstmal richtig eingewöhnen, bevor ich anfange, irgendwas umzukrempeln.
Morgen beginnt mit Stefania die Arbeit in den TiNis der Kids zuhause. Bin gespannt.

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